Umgangsrecht im Lockdown

So manch ein Scheidungskind hatte in den letzten acht Monaten unter dem Lockdown zu leiden. Der Umgang wurde verweigert. Ein Elternteil verbot dem Anderen ein Treffen mit dem Kind. Die Angst vor dem Virus ist grundsätzlich verständlich. Wer hat sie in den heutigen Zeiten nicht? Doch – der Umgang mit dem Kind sollte nicht darunter leiden. Denn ein Kind, dessen Eltern nicht mehr zusammen leben, hat ein Recht darauf, den Kontakt mit jedem Elternteil regelmäßig wahrzunehmen.

Dieser Kontakt ist für die Entwicklung und die psychische Stabilität des Kindes von ungeheurer Bedeutung. Denn schlussendlich kann das Kind nichts dafür, dass die Eltern sich nicht mehr verstehen. Es sollte in jedem Fall nicht das Opfer persönlicher Auseinandersetzungen werden. Dies gilt noch mal verstärkt in der aktuellen Krisenzeit. 

Eine Umgangsregelung, die bereits besteht, darf nicht einseitig ausgesetzt werden, auch nicht in Coronazeiten.

Wichtig zu wissen: Es gibt mittlerweile eine Corona Rechtsprechung. Eine Umgangsregelung oder eine gerichtliche Entscheidung zum Umgang gilt trotz der Coronakrise weiter.

Schließlich gibt es auch beim Umgang mit dem Kind die Möglichkeit, sich zu schützen. Eine Atemschutzmaske oder auch das Einhalten von Abstand, ist zwar kein 100-prozentiger Schutz gegen eine Infektion, hilft aber, das Risiko zu minimieren. Gut, es wird schlecht sein, dem Kind zu erklären, warum Mama oder Papa es jetzt nicht in den Arm nehmen wollen. Sicherlich ist dies aber auch etwas abhängig vom Alter des Kindes. Ist das Kind alt genug, dieses als Vorsichtsmaßnahme und nicht als Ablehnung zu verstehen, darf natürlich ein solches Verhalten zum Schutz des Kindes und zum eigenen Schutz umgesetzt werden.

Auch den Lockdown abzuwarten, ist keine Lösung. Denn niemand weiß, wie lange dieser Lockdown nun wirklich dauert und, wie oben beschrieben, die Umgangsregelung gilt ohne wenn und aber.

Hierzu gibt es ein Gerichtsurteil vom Oberlandesgericht Frankfurt mit einem Beschluss vom 8.7.2020, der besagt, dass ein familiengerichtlich geregelter Umgang ohne rechtfertigende Änderungsentscheidung des Familiengerichtes nicht aufgrund der Verbreitung des Corona Virus verweigert werden kann.

Setzt sich ein Elternteil  dagegen zur Wehr und verweigert den Umgang, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden.

Bereits im Juli erwähnte das Oberlandesgericht die Möglichkeit eines zweiten Lockdowns und positionierte sich dazu wie folgt: Falls eine zweite Corona Welle eintreten sollte, ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass aufgrund einer verbesserten Datenlage und weiterentwickelter Schutz-und Hygienemaßnahmen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände Umgangskontakte nicht verweigert werden dürfen. Sonst drohen Sanktionen.

Ein besonderer Umstand ist zum Beispiel die Situation, in der ein Kontakt zum Kind aktuell mittels einer weiteren, begleitenden Person wieder aufgebaut wird. Nach wie vor gilt, dass andere Elternteil darf den Umgang nicht verhindern. Weigert sich der Begleiter jedoch, wegen Ansteckungsgefahr die Begleitung fortzuführen, gibt es dagegen kein Rechtsmittel.

Als Folge haben Jugendämter, die in ca. 90 % der Fälle Begleiter stellen, Alternativen geschaffen. So haben sie sich auf die Pandemie eingestellt, in dem zumindest online Kontakte hergestellt werden können. Das ist sicherlich nicht so lebendig wie ein persönliches Treffen und dementsprechend auch kein vollwertiger Ersatz für dieses. Trotzdem ist es eine Möglichkeit, den Kontakt zum Wohl des Kindes und sicher auch zur eigenen Zufriedenheit aufrecht zu erhalten.

Schlussendlich geht es in dieser Zeit darum, dass die Eltern im Sinne des Kindes Hand in Hand arbeiten und pragmatische Lösungen finden. Die Eltern sollten das Wohl des Kindes im Auge haben und nicht ihre eigene Befindlichkeit. Es ist für alle aktuell schwierig genug, vieles im Leben ist zur Zeit aus den Fugen geraten und dies erfordert individuelle und kreative Handlungskonzepte.

Es ist keine Lösung, den Umgang einzuschränken.

Zu bedenken ist auch die Tatsache, dass die Betreuungssituation in Coronazeiten häufig schwierig ist. Gerade bei einem totalen Lockdown, in dem auch Kitas und Schulen schließen, stellt sich immer wieder die Frage der Betreuung. In dieser Situation sollten Eltern nicht gegeneinander sondern miteinander arbeiten und in diesem Sinne nicht darüber nachdenken, den Umgang weiter einzuschränken, sondern im Gegenteil, diesen auszudehnen! Denn dadurch kann die Betreuungssituation entspannt werden, was auch dem Kind gerecht wird.

Auch sollte bedacht werden, dass dem Kind in der jetzigen Zeit genug genommen wird. Der Sportverein macht wieder zu, die Geburtstagsparty fällt aus, es ist noch nicht mal klar, ob Opa und Oma zu Weihnachten kommen dürfen. Für Kinder ist es unzumutbar, nun auch noch den Kontakt zu einem Elternteil für eine Zeit missen zu müssen. Unter den jetzigen Einschränkungen leidet die Psyche des Kindes schon genug. Daraus ergibt sich, dass weitere Belastungen einem Kind nicht zuzumuten sind und auch in diesem Sinne der Umgang unbedingt weitergeführt werden sollte.

Zum Wohle des Kindes ist darum allen Eltern anzuraten, den Umgang mit entsprechenden Schutz-und Hygienemaßnahmen weiter zu führen, damit die Coronakrise nicht in noch stärkerem Umfang zu einer Belastung der kindlichen Seele führt.

Der Gang zum Familiengericht bei Verweigerung des Umgangs ist die letzte Lösung. Bleiben Sie offen, fair, und kreativ. Dann werden Sie auch in der aktuellen Zeit, passende und sichere Lösungen für den Umgang finden. Warum nicht ein Spaziergang an der frischen Luft oder der Gang auf den Spielplatz? Draußen ist die Ansteckungsgefahr etwas geringer.

Es gilt, das Recht des Kindes auf Umgang in den Mittelpunkt zu stellen und Möglichkeiten zu finden, diesen so sicher wie möglich umzusetzen.



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